Bei der Energiewende auf die Kraft des Marktes setzen

Deutschlands Immobilien sollen ihre CO2-Bilanz bis 2030 halbieren und bis 2045 flächendeckend klimaneutral sein. Selbst optimistische Prognosen sehen darin eine Aufgabe, die nach jetzigem Stand nur schwer bewältigt werden kann. So verkündete der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) zuletzt, dass er Teile der Maßnahmen für nicht umsetzbar hält. Gerade angesichts steigender Materialkosten sieht sich der Verband vor erheblichen Schwierigkeiten. Gleichzeitig kommen immer mehr Interessenten auf weniger Wohnraum, da der ungebremste Zuzug in die Ballungsgebiete in keinem Verhältnis zur vorhandenen Fläche steht. Statt mit Verboten, Bußgeldern oder ähnlichen Zwangsmaßnahmen den Markt weiter zu lähmen, wäre es allerdings sinnig, auch auf die Kraft der freien Wirtschaft zu vertrauen.

Ein gewaltiger Transformationsprozess

Keine Frage, für die Energiewende bedarf es klarer Regeln, die von der Politik übergreifend formuliert werden sollten. Notwendig ist es aber auch, dem Markt genug Bewegungsfreiraum zu gestatten, um die Energiewende eigenverantwortlich voranzutreiben. In der Vergangenheit haben sich große gesellschaftliche Umwandlungen meist im Zuge von technischen Innovationen ereignet. Diese werden allerdings nicht durch Verbote geschaffen. Es ist deshalb äußerst unwahrscheinlich, dass die für die Energiewende notwendigen Innovationen ausgerechnet aus den gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen erwachsen.

Seit den neunziger Jahren ist die Gesamtzahl der erteilten Baugenehmigungen in Deutschland rückläufig. Angesichts der Klimaziele wie auch der demographischen Entwicklung lässt sich diese Tendenz nicht aufrechterhalten. So würde es positive Impulse setzen, wenn Kommunen der individuellen Projektplanung mehr Freiheiten gestatten würden. So könnten einige Kommunen etwa wieder mehr in die Höhe bauen und damit das eigene Platzproblem in den Griff bekommen. Dass die Hürden für Sanierungen weniger drastisch ausgelegt werden sollten, denkt auch Dogan Gülsen. Der Geschäftsführer der Darmstädter DCE Real Estate ist Experte für Projektentwicklung und Projektmanagement und hat vor allem im Rhein-Main-Gebiet bereits eine Reihe von Objekten erfolgreich saniert. „Das Platzproblem in den Ballungsgebieten wird nur durch städtebauliche Innovationen zu lösen sein“, glaubt Gülsen.

Moderne Mischnutzung und nachhaltige Sanierung

In der kombinierten Verwendung als Wohn- und Arbeitsplatz sieht Gülsen eine Möglichkeit, die vorhandenen Flächen besser nutzen zu können: „Gewerbe- und Privaträume werden sich in Ballungsgebieten in Zukunft weiter vermischen. Das liegt nicht nur am limitierten Flächenangebot, sondern auch daran, dass im Zuge der Corona-Pandemie viele Gewerbeflächen obsolet geworden sind.“ Klar ist: Bei dieser Entwicklung, also innovative Neubauten, Nachverdichtung sowie nachhaltige Sanierung müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Nur ein Dialog zwischen Projektplanern, Kommunen und Bürgern dürfte die Transformation der deutschen Innenstädte wirklich voranbringen.

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