Marcus Wellhöner über die Stadtflucht – Das verändert sich bei Wohnpräferenzen

Marcus Wellhöner ist Immobilien-Experte mit über 25 Jahren Erfahrung im Immobilien- und Interimsmanagement. Als Geschäftsführer und Gesellschafter der Wellhöner Gruppe begleitet er Eigentümer, Mieter und Projektentwickler mit praxisnaher Beratung und strategischem Blick, von der Flächenentwicklung bis zur nachhaltigen Nutzung.

Dass sich Wohnstandorte außerhalb der Großstädte wachsender Beliebtheit erfreuen, ist längst kein Geheimtipp mehr. Was früher als vorübergehende Reaktion auf die Pandemie verstanden wurde, hat sich inzwischen in vielen Regionen verfestigt. Das Umland boomt – nicht überall, nicht automatisch, aber spürbar und in Teilen nachhaltig. Wer heute in Standortentwicklung und Wohnimmobilien investiert, kommt an dieser Dynamik nicht vorbei.

Die Gründe dafür sind nachvollziehbar: steigende Preise in den Metropolen, knapper werdender Wohnraum, wachsender Druck im Alltag. Gleichzeitig bieten viele kleinere Städte und Gemeinden im direkten Umfeld der großen Zentren genau das, was in der Stadt fehlt: mehr Platz, niedrigere Mieten oder Kaufpreise, Zugang zur Natur und oft ein deutlich entspannteres Umfeld für Familien. Dazu kommt die neue Flexibilität im Arbeitsleben. Homeoffice ist vielerorts keine Übergangslösung mehr, sondern Bestandteil der Unternehmenskultur. Wer nicht mehr täglich pendeln muss, ist eher bereit, sich von der Innenstadt zu lösen, vor allem dann, wenn die Anbindung grundsätzlich stimmt.

Der Wunsch, aus der Stadt rauszugehen, ist also nicht nur ein emotionales Phänomen, sondern auch wirtschaftlich begründet. Für viele Haushalte ist ein Umzug ins Umland die einzige realistische Möglichkeit, Wohneigentum zu erwerben oder sich wohnlich zu verbessern.

Suburbanisierung heißt heute etwas anderes als früher

Der Begriff „Stadtflucht“ führt allerdings manchmal in die Irre. Es geht heute nicht mehr um die klassische Vorstadt, sondern um deutlich vielfältigere Wohnformen: von gut angebundenen Mittelzentren über strukturstarke Kleinstädte bis hin zu ländlichen Gemeinden mit funktionierender Infrastruktur. Auch die Anforderungen der Bewohner haben sich verändert. Gesucht werden nicht mehr bloß vier Zimmer, Garten und Garage, sondern bezahlbarer Wohnraum mit guter Anbindung, einer funktionierenden Nahversorgung, modernen Schulen und einem attraktiven Umfeld. Wer Kinder hat, denkt an Bildung und Betreuung. Wer älter ist, schaut auf Barrierefreiheit und medizinische Versorgung. Und wer dauerhaft ins Umland zieht, erwartet nicht, dass alles so bleibt, wie es ist, sondern will Entwicklung, Perspektive und Qualität.

Genau hier liegt die Herausforderung. Viele Regionen sind mit dem Wachstum überfordert. Es fehlen Schulplätze, Verkehrsverbindungen, digitale Netze. In einigen Fällen ist das Baurecht zu knapp, in anderen die Verwaltung nicht auf Zuzug vorbereitet. Kommunen müssen sich heute strategisch positionieren – nicht nur mit Flächen, sondern mit Konzepten.

Für Investoren bedeutet das: genau hinschauen. Nicht jede Gemeinde mit positiver Bevölkerungsentwicklung ist automatisch ein guter Standort für Wohnprojekte. Entscheidend ist, ob das Wachstum dauerhaft tragfähig ist und ob es lokal politische, infrastrukturelle und wirtschaftliche Unterstützung für Entwicklung gibt.

Besonders interessant sind Orte mit vorhandener oder geplanter ÖPNV-Anbindung, überschaubarem Preisniveau und wachsender Nachfrage aus den Großstadtregionen. Auch Universitätsstädte mit Zuzugspotenzial und wirtschaftlich starke Mittelzentren gehören dazu. Es lohnt sich außerdem, regionale Wachstumscluster zu beobachten, die bislang nicht im Fokus standen – etwa entlang neuer Bahnstrecken, Autobahnausfahrten oder rund um gut vernetzte Industrie- oder Forschungsstandorte. Die Standortprüfung muss dabei mehrdimensionale Kriterien einbeziehen: Demografie, Kaufkraft, Infrastrukturstand, Bautätigkeit, kommunale Entwicklungsstrategie und Versorgungssicherheit. Nur so lässt sich einschätzen, ob es sich um eine stabile Lage oder eine kurzfristige Nachfrageüberhitzung handelt.

Wichtiger als die Lage ist die Qualität des Konzepts

Gute Projekte im Umland brauchen heute mehr als günstige Grundstücke. Es braucht überzeugende Konzepte, die sich an der tatsächlichen Nachfrage orientieren. Das kann je nach Standort sehr unterschiedlich aussehen: Einfamilienhäuser mit Eigenheimförderung für Familien, altersgerechte Wohneinheiten für Senioren, kleinteilige Quartiersentwicklung mit Kita, Supermarkt und Co-Working für Mischgruppen.

Der Gedanke „bauen und verkaufen“ greift zu kurz. Die Qualität der Planung, die Einbindung in das Umfeld und der Dialog mit den Kommunen sind entscheidend. Gerade in kleineren Gemeinden ist Vertrauen oft wichtiger als Tempo. Wer frühzeitig in Abstimmung geht, kann nicht nur Konflikte vermeiden, sondern auch langfristig Akzeptanz und Kooperationsbereitschaft sichern. Gleichzeitig gilt es, ESG-Themen mitzudenken. Viele Kommunen fordern diese Punkte heute aktiv ein und auch für institutionelle Investoren sind sie ein zentrales Entscheidungskriterium.

Der Trend zur Suburbanisierung ist real – aber nicht überall gleich ausgeprägt. Erfolgreich wird nicht, wer einfach in jede ländliche Region investiert, sondern wer versteht, welche Standorte langfristig lebenswert sind und welche politischen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Faktoren dies ermöglichen. Das Umland bietet Chancen, aber es braucht Fingerspitzengefühl, lokale Kenntnis und belastbare Partnerschaften.

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